Welche Kletter- & Bouldergriff-Arten gibt es? » alle Infos
Die Wand im Wandel: Ein RĂĽckblick in die Geschichte der Klettergriffe
Betritt man eine Boulder- oder Kletterhalle, fallen einem sofort die vielen bunten Griffe ins Auge, die einem den Weg nach oben ermöglichen. Doch genauso wie der Sport selbst haben auch die Griffarten eine spannende Entwicklung durchlaufen. Früher war das Ziel klar: Die Griffe sollten die Formen echter Felsen möglichst authentisch nachbilden, um das Outdoor-Klettergefühl ins Innere zu holen und Schlüsselstellen nachzubilden. Heute hat sich das Bild deutlich verändert – besonders beim Bouldern sind die Griffdesigns wesentlich kreativer und vielseitiger geworden. Anstatt nur Naturkopien zu sein, sind sie zu eigenen Herausforderungen geworden, die neue Bewegungen inspirieren und dein Klettererlebnis auf ein neues Level heben.
Boulder- & Klettergriffarten im Ăśberblick
Kletter- und Boulderwände leben von ihrer Vielfalt an Griffen: Unterschiedliche Formen, Grössen und Strukturen fordern nicht nur deine Kraft heraus, sondern auch deine Technik, Koordination und Bewegungsgefühl. Wir erklären dir, welche Griffarten dich erwarten können und wie sie gegriffen werden:
Griffoberflächen und ihre Besonderheiten
Nicht nur die Form, sondern auch die Beschaffenheit der Griffoberfläche beeinflusst, wie gut du dich an einem Griff halten kannst. Dabei wird zwischen drei verschiedenen Struktur-Typen unterschieden:
Texture Hold: Darunter versteht man Griffe mit einer rauen Oberfläche. Sie sorgen für gute Reibung, sodass du dich besser festhalten kannst – ideal, wenn Technik und Kontrolle gefragt sind.
No Texture Hold: Diese Griffe sind glatt und haben keine strukturierte Oberfläche. Dadurch bieten sie wenig Reibung, was eine präzise Platzierung der Finger und eine gute Körperspannung erfordert. Häufig in schwierigeren Routen zu finden.
Dual Texture Hold: Eine Kombination aus glatter und rauer Oberfläche an einem Griff. Der griffige Teil ist bewusst begrenzt, während der restliche Bereich glatt ist. So wird die Herausforderung erhöht, da du den Griff sehr gezielt nutzen musst.
Henkel (Jugs)
Henkel, auch Taschen oder Jugs genannt, gehören zu den beliebtesten und einsteigerfreundlichsten Griffen – sie sind vor allem auf einfacheren Routen in der Kletterhalle oder auch gerne im Überhang anzutreffen. In der Halle sind Henkel meist aus robustem Kunststoff (Polyurethan oder Polyethylen), Gips oder Holz gefertigt. Beim Outdoor-Klettern findest du Jugs oft als Kalk-, Granit- oder Sandstein-Formationen.
Da sie sich aufgrund ihrer Form und meist strukturierten Oberfläche gut greifen lassen, bieten sie sich auch ideal als Ruhepunkt an. Auf schwierigeren Routen sind sie meist nur als Start- oder Zielpunkt zu finden. Beim Bouldern werden sie ausserdem oft genutzt, um SprĂĽnge einzuleiten. Der Griff selbst gestaltet sich intuitiv: Du umschliesst ihn einfach mit der offenen Hand, damit viel Kontaktfläche entsteht, und hängst deine Finger ein – dann ziehst du dich hoch.Â
Leisten (Crimps)
Leisten sind schmale Griffe, die nur sehr wenig Auflagefläche für die Finger bieten – oft gerade genug, damit die Fingerkuppen von zwei bis vier Fingern darauf Platz finden. Im Gegensatz zu grossflächigen Henkelgriffen, in die man sich bequem „hineinhängen“ kann, erfordern Leisten deutlich mehr Präzision, Kontrolle und vor allem Fingerkraft. Da der Halt gering ist, müssen zusätzlich Körperspannung und präzise Tritte genutzt werden, um das Körpergewicht optimal zu verteilen. Künstliche Leisten bestehen aus Kunststoff oder Holz und bieten in der Regel eine raue Oberfläche für besseren Grip. Beim Outdoor-Klettern oder -Bouldern kommen Crimps häufig vor, da natürliche Felswände oft von ähnlichen Griffflächen geprägt sind.
Bei der Grifftechnik von Leisten stehen drei Optionen zur Auswahl:
Hängende Finger: Hier liegen die Fingerkuppen flach auf der Leiste, ohne dass die Fingergelenke stark gebeugt werden. Diese Technik ist besonders gelenkschonend, erfordert aber viel Körperspannung.
Halb aufgestellte Finger: Bei dieser Technik sind Finger leicht gebeugt, das mittlere Fingergelenk steht nach oben, während das letzte Gelenk eher flach bleibt. Der Daumen liegt meist unbeteiligt an der Seite.
Voll aufgestellte Finger: In dieser Position sind die Finger stark gebeugt, das letzte Fingergelenk überstreckt sich deutlich nach unten – die Finger „krallen“ sich in die Leiste. Häufig liegt der Daumen auch über dem Zeigefinger. Mit voll aufgestellten Fingern hast du zwar mehr Kraft, allerdings ist diese Grifftechnik auch die belastendste für Sehnen, Gelenke und Bänder.
Aufleger (Sloper)
Aufleger oder Sloper sind gewölbte, oft runde Griffe ohne definierte Kante – in der Regel aus Kunststoff oder Holz mit einer glatten Oberfläche. In der Natur sind solche gewölbten Felsformationen hingegen das Resultat von Erosion. Diese Form von Klettergriff ist vor allem fürs Bouldern typisch. Der Clou bei Auflegern: Man kann sich nicht wirklich daran festhalten. Stattdessen arbeitet man mit Haftreibung, indem die gesamte Handfläche aufgelegt und aktiv gegen die Wand gedrückt wird. Je mehr Druck dabei entsteht, desto besser ist die Haftung. Entscheidend ist es, die Körperspannung zu halten und den Körper möglichst nah an der Wand zu positionieren, um einen günstigen Zugwinkel zu erreichen. Zusätzlichen Halt bietet ein gezielter Gegenzug – etwa, indem du mit dem Fuss kräftig gegen einen Tritt nach unten drückst.
Zangen (Pinches)
Unter Zangen versteht man Griffe, die zwischen Daumen und Fingern eingeklemmt werden. Da sie viel Griffkraft – vor allem aus dem Daumen heraus – erfordern, sind sie insbesondere bei anspruchsvollen Boulderproblemen eine gängige Herausforderung. Zusätzlich werden bei dieser Griffart auch Unterarme und die Handmuskulatur stark beansprucht. Die Schwierigkeit unterscheidet sich je nach Grösse der Zange: Breite, voluminöse Zangen lassen sich nur schwer komplett umschliessen und erfordern besonders viel Kraft, während schmale, längliche Pinches eher eine präzise Positionierung der Finger verlangen. Während diese Griffe in der Halle aus glattem oder griffigem Kunststoff, Gips oder Holz geformt sind, findet man sie am Naturfels in Form von natürlichen Sinterbildungen oder Kanten.
Volumen
In Boulderhallen erkennt man Volumen-Griffe an ihrer grossflächigen, geometrischen Form – häufig als Dreiecke, Quader oder abgerundete Elemente gestaltet. Indoor bestehen sie aus grossen Holz- oder thermoplastischen Kunststoffelementen mit einer strukturierten Oberfläche, outdoor entsprechen sie auffälligen Felsvorsprüngen. Sie dienen dazu, die Komplexität einer Route zu steigern und kreative Bewegungsaufgaben zu schaffen. Anders als klassische Henkel oder Leisten bieten sie keine klar definierten Haltepunkte, sondern vor allem Flächen, auf denen man sich abdrücken, stützen oder einklemmen muss. Aber ganz gleich, wie man sie letztlich nutzt: Volumen fördern kreatives Klettern – manchmal auf ziemlich herausfordernde Art.
Fingerlöcher (Pockets)
Wer eine echte Challenge sucht, wird bei Fingerlöchern garantiert fündig. Diese Griffart beschreibt kleine, rundliche Öffnungen in Griffen (häufig aus griffigem Kunststoff, Gips oder Holz geformt) oder draussen in der Felswand, in die meist nur wenige Finger passen – je weniger Finger, desto schwieriger. Im Naturfels entstehen solche Pockets durch Erosion. Um Fingerlöcher sicher zu meistern, sind Technik, Präzision und eine ausdauernde Fingerkraft unerlässlich, da die Hand nur wenig Spielraum hat. Wichtig ist vor allem die richtige Fingerstellung: Deine Finger sollten möglichst neutral sein, also weder überstreckt noch stark abgewinkelt – so kannst du Verletzungen gezielt vorbeugen.
Untergriff (Undercling)
Untergriffe sind vor allem bei natürlichen Felsformationen, aber auch in Boulderhallen gefragt. Dabei greifst du nicht von oben auf den Griff, sondern schiebst deine Finger von unten dagegen und ziehst dich hinauf. Dabei zeigt die Handfläche nach oben, fast so, als würdest du eine Schublade aufziehen. Beim Undercling ist deine Beinarbeit entscheidend: Du brauchst hohe, stabile Tritte, um Druck nach unten auszuüben – nur so kannst du dich mit dem Griff nach oben ziehen und gleichzeitig deine Körperspannung halten.
Felsplatte (Flake)
Ein Flake ist eine abstehende Felsschuppe oder -platte, die sich teilweise vom Hauptfels gelöst hat und dabei eine sichtbare Spalte hinterlässt. Diese besondere Felsformation entsteht durch natürliche Erosionsprozesse und ist beim Outdoor-Klettern zu finden. Flakes bieten eine ungewöhnliche, aber vielseitige Griffmöglichkeit: Du kannst deine Finger oder Hände in die Spalte klemmen, um Halt zu finden, oder die Platte mit beiden Händen umfassen und dich durch aktives Abdrücken mit dem Körper stabilisieren. Je nach Ausrichtung des Flakes sind dabei sowohl Kraft als auch Technik gefragt.
Chalk & Co. – deine Helfer für maximalen Grip
Für den perfekten Halt am Felsen ist Chalk unverzichtbar – es nimmt den Schweiss von deinen Händen auf und sorgt so für mehr Reibung, was besonders bei schwierigen Zügen eine grosse Hilfe ist. Auf dem Weg in die Boulderhalle darf in deinem Rucksack ausserdem eine Bürste auch nicht fehlen: Mit ihr kannst du verschmutzte Griffe ganz einfach reinigen, sodass sie wieder optimalen Grip bieten und du dich voll und ganz auf deine Technik konzentrieren kannst.
Griff um Griff zum Erfolg – dein Weg nach oben
Wenn du die verschiedenen Griffarten kennst und richtig anwendest, bereitet dir das Klettern und Bouldern nicht nur mehr Freude, sondern du erreichst damit auch bessere Trainingsergebnisse. Doch für einen rundum gelungenen Aufstieg gehört mehr dazu als nur Technik: Die richtige Ausrüstung spielt eine genauso wichtige Rolle – entdecke dafür unsere ultimative Packliste für Kletterausrüstung oder unseren Ratgeber, was man am besten zum Indoor-Bouldern und Klettern anzieht . Und wenn du auch zu Hause an deiner Kraft und Technik arbeiten möchtest, lohnt sich ein Blick in unseren Guide fürs Klettertraining zuhause . So bist du bestens vorbereitet für dein nächstes Abenteuer an der Wand!