Verhalten bei Gewitter in den Bergen » Sicherheitstipps
Ob du auf aussichtsreichen Gipfeln beim Wandern bist oder dich beim Klettern durch alpine Landschaften bewegst – ein Gewitter in den Bergen birgt Gefahren. Es kann faszinierend sein, wie sich der Himmel verdunkelt und die Natur ihre Kraft zeigt. Gleichzeitig kann es aber auch eine gefährliche Situation sein, die Respekt verlangt und in der du wissen solltest, wie du dich richtig verhältst. In diesem Beitrag erfährst du, wie du dich optimal vorbereitest, was im Ernstfall zu tun ist und welche Ausrüstung dir hilft, auch bei Regen und Donner einen kühlen Kopf zu bewahren.
Planung und Vorbereitung: Der Grundstein fĂĽr deine Sicherheit
Zu allererst solltest du tunlichst vermeiden, in den Bergen in ein Gewitter zu kommen. Bereits vor dem Start deiner Tour entscheidet sich daher, wie sicher du unterwegs sein wirst. Informiere dich immer über die aktuelle Wetterlage und achte auf Hinweise zu möglicher Gewittergefahr. Besonders im Sommer entstehen Gewitter häufig am Nachmittag – das kann auch mal richtig schnell gehen. Starte also früh, damit du rechtzeitig dein Ziel erreichst.
Plane deine Route so, dass du mögliche Schutzorte wie Hütten, Almen oder Notabstiege im Blick hast. Während der Tour solltest du regelmässig den Himmel beobachten: Quellwolken, Ambosswolken (hoch aufragende Gewitterwolken mit flacher, seitlich ausgebreiteter Oberseite, die auf ein nahendes Gewitter hinweisen), auffrischender Wind, plötzlich sinkende Temperaturen oder elektrisches Knistern sind deutliche Warnzeichen. Spätestens zu den gegebenen Anlässen ist es an der Zeit, Schutz zu suchen. Noch besser ist es natürlich, wenn du Gewitter ganz vermeidest und deine Tour gegebenenfalls schon frühzeitig beendest.
Gefahren erkennen und richtig reagieren
In den Bergen kann das Wetter binnen Minuten umschlagen – aus strahlendem Sonnenschein wird plötzlich bedrohliches Grollen am Horizont. Wer frühzeitig die Anzeichen eines herannahenden Gewitters erkennt und weiss, wie man richtig reagiert, schützt sich und andere vor unnötigen Risiken. Mit dem richtigen Wissen und einem wachsamen Blick lassen sich gefährliche Situationen vermeiden und die Sicherheit in den Bergen deutlich erhöhen.
Folgende Gewittertypen solltest du identifizieren können
In den Bergen treten vor allem zwei Gewitterarten auf, die für Wandernde besonders relevant sind – Frontgewitter und Wärmegewitter. Beide unterscheiden sich nicht nur in ihrer Entstehung, sondern auch in ihren Anzeichen, ihrem Verlauf und den damit verbundenen Gefahren:
Frontgewitter: Kündigen sich in der Regel durch eine markante Wetterverschlechterung an, häufig begleitet von auffrischendem Wind, plötzlichem Temperatursturz und einer dunklen, geschlossenen Wolkenfront am Horizont. Sie entstehen im Zusammenhang mit einer Kaltfront und ziehen in klar erkennbaren Linien über das Land. Für Wandernde ist das ein Vorteil: Frontgewitter sind üblicherweise gut vorherzusagen, sodass du bei entsprechender Tourenplanung rechtzeitig reagieren und Schutz suchen kannst. Die Gefahr bei Frontgewittern liegt vor allem in ihrer Intensität – sie bringen oft starke Sturmböen, heftige Regengüsse und teils grossflächige Blitzeinschläge mit sich. Wer Anzeichen wie rasch aufziehende Wolkenbänke oder einen plötzlichen Temperaturabfall bemerkt, sollte sofort exponierte Bereiche verlassen und Schutz aufsuchen.
Wärmegewitter: Entstehen an heissen, schwülen Tagen und bauen sich oft überraschend schnell auf – typischerweise am Nachmittag nach einer längeren Schönwetterperiode. Erste Hinweise sind hochreichende Quellwolken (Cumuluswolken), die sich zu mächtigen Gewitterwolken auftürmen. Wärmegewitter sind lokal begrenzt und schwer vorhersehbar, was sie für Bergsteiger:innen besonders tückisch macht. Sie können auch dann auftreten, wenn der Himmel am Morgen noch wolkenlos war. Deshalb ist es wichtig, während längerer Schönwetterphasen den Himmel regelmässig zu beobachten und bei ersten Anzeichen eines Gewitters – wie dunkle Quellwolken, aufkommender Wind oder fernes Donnergrollen – frühzeitig zu reagieren.
Das richtige Verhalten bei Gewitter
Wenn sich ein Gewitter ankündigt, verlasse umgehend exponierte Stellen wie Grate, Gipfel – vor allem Gipfelkreuze –, oder Kämme. Auch Wasserläufe, Metallkonstruktionen (etwa das Stahlseil von Klettersteigen) und offene Flächen sind gefährlich. Gibt es keine Möglichkeit, rechtzeitig umzukehren oder dich in einer Hütte oder Ähnlichem in Sicherheit zu bringen, bietet eine Mulde, Senke oder ein dichter Laubwald (vorzüglich im Waldinneren) einen gewissen Schutz.
Im Wald solltest du dich von alten, morschen oder einzeln stehenden Bäumen fernhalten und stattdessen – falls möglich – eine Gruppe junger, biegsamer Laubbäume wählen. Im freien Gelände solltest du in die Kauerstellung gehen: Hocke dich mit geschlossenen Beinen auf eine isolierende Unterlage wie deinen Wanderrucksack oder eine Isomatte. Halte die Füsse eng zusammen, um die Gefahr durch Schrittspannung zu minimieren. Metallische Ausrüstungsgegenstände wie Wanderstöcke, Eispickel, Karabiner oder auch nasse Seile legst du einige Meter entfernt ab. Halte zu anderen Personen mindestens einen, idealerweise drei Meter Abstand, um das Risiko bei einem Blitzeinschlag zu verringern. So reduzierst du die Gefahr durch Schrittspannung, die bei einem Blitzeinschlag entstehen kann.
Notunterkunft in der Höhe: Wenn der Abstieg riskant wird [H2]
Manchmal lässt sich eine ungeplante Übernachtung in den Bergen nicht vermeiden, etwa wenn das Wetter plötzlich umschlägt. In diesem Fall ist eine Schutzhütte mit Blitzableiter die beste Wahl. Wenn keine Hütte in der Nähe ist, bieten grössere Höhlen einen gewissen Schutz – halte dabei mindestens zwei Meter Abstand zu Wänden und Decke, um indirekte Blitzeinschläge zu vermeiden. Höhlen oder Überhänge sind nur dann wirklich hilfreich, wenn sie nach hinten mindestens eine Körperlänge und nach oben sowie vorne mindestens eine halbe Körperlänge Platz bieten. Verzichte auf feuchte, zu kleine oder niedrige Höhlen – sie bieten keinen sicheren Schutz und können zusätzliche Gefahren bergen.
Wenn keine dieser Möglichkeiten gegeben ist, kann eine hohe Felswand Schutz vor einem direkten Blitzeinschlag bieten – aber nur mit dem nötigen Abstand: Setz dich etwa drei Meter von der Wand entfernt in die Hocke und achte darauf, nicht direkt an der Felswand zu sitzen, um das Risiko durch Schrittspannung zu minimieren. Behalte dabei auch die Steinschlaggefahr im Blick. Nach dem letzten Donner solltest du noch mindestens 30 Minuten warten, bevor du deinen Schutzplatz verlässt, da Nachzügler-Blitze auftreten können.
Die richtige Kleidung: Schutz vor Nässe und Kälte
Obwohl die richtige Kleidung keinen Blitz abhält, ist sie bei Regen und wechselhaftem Wetter in den Bergen trotzdem unverzichtbar. Setze auf wasserdichte, atmungsaktive Regenjacken und Regenhosen , die dich trocken halten und gleichzeitig für Belüftung sorgen. Gamaschen schützen den Übergang zwischen Schuh und Hose, wasserdichte Wanderschuhe verhindern nasse Füsse und Handschuhe schützen deine Hände vor Auskühlung. Das Zwiebelprinzip – mehrere Kleidungsschichten übereinander – sorgt dafür, dass du flexibel auf Temperaturschwankungen reagieren kannst.
Reflektierende Details an Jacke oder Rucksack erhöhen deine Sichtbarkeit bei schlechtem Wetter oder Dämmerung. Metallische Gegenstände wie Wanderstöcke oder Eispickel solltest du bei Gewitter zwar ablegen, aber kleine Metallteile an der Kleidung wie Reissverschlüsse sind unproblematisch, solange du dich nicht an exponierten Stellen aufhältst.
Vorbereitet beim Wetterumschwung
Ein Gewitter in den Bergen ist zuallererst etwas, das du meiden solltest, denn es ist eine mögliche Gefahr, der du – falls nötig – mit Wissen, Umsicht und der richtigen Ausrüstung begegnen solltest. Wer vorbereitet ist, die Warnzeichen erkennt und sich an die wichtigsten Verhaltensregeln hält, kann das Bergerlebnis auch bei wechselhaftem Wetter sicher überstehen. In den Mammut Stories & Guides findest du zudem nützliche Tipps, wie viel Gewicht du beim Backpacking verwenden solltest, wie eine geeignete Packliste fürs Wandern aussieht und vieles mehr.