Welche Karabiner brauche ich zum Klettern? » Alle Tipps
07/2024

Schnapper, Schraubkarabiner & Co. – kleine Helfer, die im Fall des Falles dein Leben retten können! Karabiner sind beim Klettern das Um und Auf. Bei all den ausgeklügelten Produkten auf dem Markt kann man vor allem als Kletterneuling schnell den Überblick verlieren: Wir haben für dich den dichten Wald an Varianten und Formen der handlichen Alleskönner durchkämmt – damit du auch die herausforderndsten Routen sicher meistern kannst!
Mit Karabinern kommst du im Vertikalsport hoch hinaus – dank strikter Anforderungen bei der Produktion und verpflichtender Normen sorgen sie für deinen Halt in Fels und Seil. Achte immer auf die europäische CE- oder die internationale UIAA-Kennzeichnung auf deinem Equipment. Damit werden z. B. die zulässigen Bruchlastwerte bei Längs-, Quer- und Offenbelastung bestimmt. Du findest die drei Werte auch längs auf dem Rücken deines Karabiners eingraviert.
Karabiner-Arten im Überblick
Aufbau

1 Nase
2 Bogen
3 Rücken
4 Schnapper
Woraus besteht ein Karabiner eigentlich? Und was ist mit Nase und Bogen gemeint? Hier ein kleines Lexikon: Ein Karabiner besteht aus Rücken, Bogen, Nase und Schnapper. Der Schnapper ist der bewegliche Bügel, der sich beim Zuklappen in die dazu passend geformte Nase einfügt. Die Nase geht oben in den Bogen über. Der Rücken liegt dem Schnapper gegenüber und wird auch Längsseite genannt. Die Bestandteile des Karabiners können je nach Produkttyp unterschiedlich geformt sein. Hier findest du einen Überblick zu den verschiedenen Karabinerformen:
Karabinerformen

Ovale Form oder Typ X: Diese sehr klassische Karabinerform wird heute kaum noch im Klettersport verwendet, da sie nicht so belastbar und viel schwerer als moderne Karabinerformen ist. Du findest sie eher beim Baum- und Industrieklettern oder im erlebnispädagogischen Bereich. Aber auch für den Gebrauch mit einem Grigri oder anderen Sicherungshaltautomaten ebenso wie für Klemmkeile und Co. eignen sich ovalförmige Karabiner.
D-Form oder Typ B (Basiskarabiner): Nach der Oval-Form kam die D-Form – erhöhte Belastbarkeit und leichtere Bedienung inklusive! Gleichzeitig wird das Gewicht durch die Asymmetrie des Karabiners reduziert und die Öffnung vergrössert. Die D-Form eignet sich besonders für einfache Lasten beim Standplatzbau und die Verbindung von Sicherungspunkten.
HMS-Karabiner (Halbmastwurf-Sicherung), Birnenform oder Typ H: Mit seinem gross geformten Bogen bietet dieser Karabiner ausreichend Platz für eine Sicherung mittels HMS-Knoten, dem er auch seinen Namen verdankt. Diese Karabinerform wird am meisten verwendet und kommt vor allem beim Sichern zum Einsatz.
Klettersteigkarabiner oder Typ K: Klettersteigkarabiner verfügen über spezielle Verschlusssysteme, um das Umhängen in Klettersteigen zu erleichtern. Dabei gibt es zwei Verschluss-Varianten: die Griffsicherung/Handballensicherung und Daumensicherung.
Maillon Rapide oder Typ Q: Bei dieser Form handelt es sich um einen Schraubkarabiner aus Stahl. Dieser ist für dauerhafte Zwischensicherungen gedacht. Am Fels werden diese Karabiner oft für Umbauten oder den Rückzug verwendet.
Extra grosse Öffnungsweite: Diese Karabiner sind besonders gut für Klettersteige, Kletternde mit grossen Händen oder für das Eisklettern mit Handschuhen geeignet. Die Öffnungsweite sagt dir ausserdem, wie viel Material du einhängen kannst.
Welche Belastungsarten gibt es bei Karabinern?
Längsbelastung
Karabiner sind prinzipiell für die Belastung in der Längsachse bei geschlossenem Schnapper konzipiert. So sind sie perfekt für die vertikalen Kräfte im Klettersport geeignet. In Längsrichtung variieren die zulässigen Belastungswerte verschiedener Karabinerarten zwischen 18 und 25 kN. Wird der Karabiner anders belastet oder falsch positioniert, reduziert sich die Bruchlast – achte also unbedingt darauf, dass der Karabiner richtig geschlossen ist und nichts zwischen Nase und Schnapper klemmt! Lass den Karabiner ausserdem nicht auf einer Kante aufliegen und belaste ihn nicht in mehrere Richtungen.
Querbelastung
Unter Querbelastung versteht man die Positionierung der Last auf dem Rücken und Verschluss des Karabiners – also entlang der Querachse. Diese solltest du tunlichst vermeiden, da der Karabiner an dieser Stelle nur 35 % der Bruchlast in der Längsachse aufweist (z. B. 8 kN statt 27 kN) und unter dem Gewicht tatsächlich brechen kann. Die zulässigen Querbelastungswerte liegen zwischen 7 und 10 kN.
Offenbelastung
Natürlich sollte der Schnapper gut schliessen und selbst unter Krafteinwirkung geschlossen bleiben. In bestimmten Situationen kann es aber leicht passieren, dass er sich trotzdem öffnet: Durch den Peitscheneffekt (Whiplash) bei einem Sturz, Eisbildung am Karabiner sowie durch einen verschmutzten Schnapper oder ein eingeklemmtes Objekt. Das kann sehr problematisch werden, denn bei geöffnetem Schnapper reduziert sich die Bruchlast besonders stark: Sie beträgt dann nur noch 30 % des Wertes in der Längsachse. Die zugelassenen Werte liegen zwischen 5 und 7 kN. Achte also vor dem Kauf immer gut auf die Bruchlast-Angaben auf dem Karabiner!
Welche Verschlusssysteme gibt es bei Karabinern?
Karabiner lassen sich in zwei Arten von Verschlusssystemen einteilen: Die Basisvariante ohne Verschlusssicherung wird als Normalkarabiner oder einfach nur Schnapper bezeichnet. Noch sicherer sind Karabiner mit gesicherten Verschlusssystemen – hier kannst du den Schnapper entweder händisch arretieren oder er verschliesst sich komplett automatisch.
Normalkarabiner
Die Schnapper eignen sich dank ihrer leichten Bedienung und schnellen Öffnung besonders gut für den Materialtransport oder für Expressen: Es gibt sie mit gebogenem oder geradem Schnapper-Bügel. Meistens handelt es sich dabei um einen Federverschluss oder sie haben einen kleinen Haken in der Nase, in den sich der Schnapper über einen Steg einhängt. Bei der zweiten Variante besteht die Gefahr, dass der Haken im Material oder in Bohrhakenlaschen hängen bleibt – ein sogenannter nose hook. Aus diesem Grund gibt es bereits ausgefeiltere Alternativen, wie den Keylock oder Drahtschnapper.
Keylock
Beim Keylock-Verschluss wird die Karabinernase durch ein T-Stück ersetzt, während der Schnapper an der entsprechenden Stelle eine Einbuchtung aufweist. So passen beide wie zwei Puzzle-Stücke perfekt ineinander! Das verhindert ein Hängenbleiben und vermeidet ausserdem scharfe Kanten wie solche beim Nasenhaken, durch die das Seil beschädigt werden könnte.
Wire(gate) oder Drahtschnapper
Bei dieser Variante besteht der Schnapper aus einem gebogenen Drahtbügel, der in die Nase einrastet, auch Wiregate oder Wire genannt. Durch die Nasenkerbe gibt es aber nach wie vor die Gefahr, im Material hängen zu bleiben – überprüfe darum unbedingt, ob der Karabiner auch wirklich vollständig geschlossen ist! Der Drahtschnapper sowie der Keylock haben aufgrund des leichten Materials eine sehr geringe Masse und eine bessere offene Bruchkraft. Aus diesem Grund wird der Drahtschnapper gerne bei Expressensets verwendet, um den Whiplash-Effekt zu vermeiden: Der Schnapper ist der einzige bewegliche Teil beim Karabiner – je höher seine Masse, desto wahrscheinlicher ist es, dass er sich bei einem Sturz gegen die Felswand ungewollt öffnet und sogar bricht. Bei den leichten Drahtschnappern wird dies nicht nur durch die geringe Masse, sondern zusätzlich noch durch die eingebaute Spannung des Drahtes verhindert. Auch beim Eisklettern ist das drahtige Material wegen der geringeren Vereisungsgefahr zu empfehlen.
Karabiner mit Verschlusssicherung
Hier bekommst du das Maximum an Sicherheit! Karabiner mit Verschlusssicherung verwendest du vor allem für die Sicherung von dir selbst und anderen oder zum Fixieren des Sicherungsgeräts am Klettergurt . Besonders praktisch sind sie bei Mehrseillängen am Stand oder beim Umfädeln am Top. Auch für die Rücksicherung im Top-Rope kannst du sie am Top verwenden – so wird das Material nicht so stark beansprucht und die Karabiner halten länger.
Manuelle Verschlusssicherung – Schraubkarabiner
Schraubkarabiner sind die klassische Form der Verschlusskarabiner: Du kannst sie ganz einfach manuell selbst verschliessen, indem du den Schnapper einclippst und das Schraubglied darüber fest schraubst. Achte darauf, dass alles richtig sitzt und das Bremsseil auf der Seite des Karabinerrückens verläuft! Der Vorteil bei Schraubkarabinern ist, dass du sie bei Bedarf wie Normalkarabiner verwenden kannst. Besonders praktisch ist das beim Beladen am Stand – einen Karabiner mit automatischer Selbstverriegelung müsstest du ständig offenhalten oder jedes Mal vollständig entriegeln. Der Nachteil ist, dass Schraubkarabiner durch die Seilreibung manchmal wieder aufgehen können – wenn du eine HMS-Sicherung verwendest, solltest du daher besser selbstverriegelnde Karabiner nehmen, da der Knoten den Schraubmechanismus möglicherweise wieder aufdreht. Auch während des Anseilens beim Bergsteigen können die Erschütterungen beim Laufen den Verschluss langsam öffnen. Aus diesem Grund wurde eine weitere Schraubkarabiner-Variante entwickelt – der Screwgate oder Smart 2.0 HMS. Hier wird über das manuell verschliessbare Schraubglied noch eine Kunststoffplatte geklappt – das sorgt für zusätzliche Sicherheit und verhindert ein Aufdrehen des Schraubverschlusses.


Automatisch selbstverriegelnde Karabiner
Im Gegensatz zu Schraubkarabinern verriegelt sich diese Art von Karabinern automatisch, sobald du den Schnapper schliesst. Das erlaubt eine schnelle Handhabung und hohe Verschluss-Sicherheit – besonders wichtig beim Sichern, Abseilen, dem Standplatzbau oder Anseilen. Vor allem unter abenteuerlichen Bedingungen, wie beim Alpinklettern oder am Gletscher, solltest du nicht nur auf stabile Kletterhelme und Kletterseile setzen, sondern auch auf einen hochqualitativen Karabiner. Ein paar Varianten von selbstverriegelnden Karabinern sind der Slider Gate, Twistlock oder Trilock: Beim Twistlock, einem Zwei-Wege-Verschluss, liegt eine drehbare Hülse über dem Schnapper, die du mit etwas Übung auch einhändig leicht öffnen kannst. Tri-, Triple- oder Safelock-Karabiner lassen sich mit drei Bewegungen per Push-and-Twist oder Pull-and-Twist öffnen. Als Sonderform gelten Ball-Lock und Permalock-Karabiner, bei denen die Twist-Hülse durch das Drücken auf einen Knopf entriegelt wird. Automatisierte Karabiner sind fürs Sportklettern sehr zu empfehlen oder auch wenn du gerade erst mit dem Klettern beginnst.
Was bedeutet HMS bei Karabinern?
HMS ist eine Abkürzung für “Halbmastwurfsicherung”. HMS-Karabiner haben eine besondere Birnen-Form, entwickelt für eine spezielle Sicherungstechnik ohne Geräte – sie wird oft beim Alpinklettern angewendet. Du brauchst dazu nur einen HMS-Karabiner und ein Seil. Die grosse Öffnung wurde extra für den Halbmastknoten konzipiert und der Karabiner verfügt zusätzlich über eine Verschlusssicherung, wie dem Schraubverschluss oder Twistlock. Du kannst die HMS-Karabiner aber auch mit verschiedenen Sicherungsgeräten kombinieren (z. B. Grigri) – welche Geräte kompatibel sind, findest du in den Herstellerhinweisen.
Materialkarabiner
Vorsicht: Materialkarabiner unterliegen keiner Norm, sind also keine Kletterkarabiner, da sie weder die passende Festigkeit noch die nötige Sicherheit bieten. Mit Materialkarabinern kannst du aber – nomen est omen – Material wie dein Chalkbag oder die Trinkflasche am Rucksack befestigen. Sie sind in vielen Formen und Farben erhältlich und werden darum gerne als Schlüsselanhänger verwendet.
Aus welchem Material bestehen Karabiner?
Stahl vs. Aluminium
Die meisten Karabiner bestehen aus Aluminium, da sie sehr leicht sind und über mehrere Jahre halten. Im Vergleich nutzen sie sich etwas schneller ab als Stahlkarabiner – diese sind wirklich extrem lange haltbar, aber dafür auch sehr schwer. Am besten verwendest du Stahlkarabiner nur bei besonders hohen Belastungen, z. B. für Fix-Exen in Hallen oder Umlenker in Klettergärten. Karabiner aus Aluminium sollten auf keinen Fall als Fixpunkte benutzt werden!
Wofür Karabiner eingesetzt werden
Karabiner fürs Toprope-Klettern
Wenn das Kletterseil schon am Top eingehängt ist, spricht man vom Toprope Klettern. Dafür brauchst du einen Sicherungskarabiner inklusive Sicherungsgerät. Das sollte auf jeden Fall ein Karabiner mit Verschlusssicherung sein, wie ein HMS, Safe-Lock, Tri-Lock oder Ball-Lock Karabiner.
Expressen fürs Vorstiegs-Klettern
Bei dieser Art des Kletterns hängst du das Seil beim Klettern in den Zwischensicherungen ein. In Kletterhallen sind die Zwischensicherungen bereits vormontiert. Im Outdoor-Bereich brauchst du mindestens 10 Expressschlingen und einen HMS-Karabiner mit Bandschlinge, da diese am Fels in der Regel nicht fix montiert sind.
Karabiner fürs Eisklettern
Beim Eisklettern solltest du unbedingt einen Drahtschnapper verwenden, um die Vereisungsgefahr zu minimieren.
Welchen Karabiner benutze ich für eine Rastschlinge?
Auf anspruchsvollen Kletterrouten ist eine Rastschlinge sinnvoll, damit du wieder Kraft für die nächste Etappe schöpfen kannst. Dafür verwendest du am besten eine lange Bandschlinge und einen HMS-Karabiner.
Checkliste für den Karabiner-Kauf
Welche Form soll dein Karabiner haben?
Sind die Bruchlastwerte hoch genug?
Verschlusssystem: Muss er verschliessbar sein oder reicht ein Schnapper?
Nase: Welche brauchst du, kompakt oder Draht?
Ein- vs. beidhändig: Musst du ihn mit einer Hand oder beiden Händen bedienen?
Verwendungszweck: Brauchst du den Karabiner für die Sicherung, als Materialkarabiner oder an einer Exe?
Farbe: Wenn du gleiche Karabinermodelle für deine Exe verwendest, solltest du auf die Farbe achten. So erkennst du auf einen Blick, welche für die Seil- und welche für die Wandseite gedacht sind.
Hol dir Inspiration
Was verwenden eigentlich die Profis? Unsere Mammut Athlet:innen zeigen dir, welchem Karabiner sie ihr Leben anvertrauen. Ob du dich wie Jakob Schubert für eine Keylock-Exe, ein Belay wie Lucia Capovilla oder für einen klassischen Screwgate wie Alberto Ginés López entscheidest – bei Mammut ist für jede Tour etwas dabei!
